Leserbrief aus "Kreisbote München Nord/Ost vom 19.06.1997
Politik schlägt alles Dagewesene
Unterschleißheim - Leserbrief zum Bürgerentscheid am 22. Juni in Unterschleißheim über
die Bahn im Tunnel.
Seit 25 Jahren wohne ich in Unterschleißheim. Weder gehöre ich einer Partei an, noch
kann eine behaupten, ich stünde ihr besonders nah. Manches habe ich erlebt in der Politik
unserer Gemeinde. Aber was sich jetzt abspielt, schlägt alles bisher Dagewesene. Die
Themen (im Lohhofer&Landkreis Anzeiger vom 12.6.) können einfach nicht ohne sofortige
Erwiderung bleiben. "Bürgeraktion Vernunft für unsere Gemeinde" wird doch
nicht hauptsächlich eine Sonderformation der CSU-Prominenz sein. Die veröffentlichten
Namen lesen sich zumindest so (... ). Von wem wurden unsere kommunalen Vertreter gewählt,
wer trägt die Kosten für ihre Arbeit und wessen Interessen haben sie zu vertreten? Die
unserer Gemeinde Unterschleißeim!
Nicht die der bayerischen Staatsregierung oder der deutschen Bahn AG oder der Flughafen
München GmbH (FMG). Nein: Unsere! Unser erster Bürgermeister ist ja "nur"
stellvertretender Landrat in München und damit nicht für Eching und Neufahrn zuständig.
Aber, wenn nur eine Gemeinde aus der BIT (Anm.: Bahn im Tunnel) ausschert, ist alles
gefährdet. Direktiven von oben wird es sicher keine gegeben haben, aber auch
vorauseilender Gehorsam einer Gemeinde wäre fatal.
Und wenn eine Seite ( ... ) der anderen Tricksen vorwirft, wie sieht das denn aus:
- 1. Der, laut BIT überholte, aber noch gültige Planungsstand sieht den Bau der
Straßenunterführung vor. Ich meine: Und wenn die Straße einmal in den Keller verlegt
wurde, dann bleibt sie auch da. Ich zweifle an der Ehrlichkeit von Leuten, die mir
etwas Anderes erzählen wollen - die aber andererseits so schnell bauen wollen, daß ja
nicht deutlich und bekannt wird, was die Bahn wirklich vorhat.
"Soll am Bahnübergang .../... auf den Bau einer Straßenunterführung verzichtet
werden? Ja/Nein". Jemand des Deutschen Mächtige sollte diesen Satz ebenso gut
verstehen, wie die Frage, ob auf die Durchsetzung des Planungsstandes jetzt verzichtet
werden sollte.
- 2. Wer jetzt von Baukosten für die Gemeinde in Höhe von "150-200 Millionen"
spricht, und im nächsten Absatz in frühestens 20 Jahren die gleichen "150 Millionen
oder mehr" ansetzt, muß sich fragen lassen: Wer trinkst hier?
- 3. (...) unter dem Titel "Kleine Tunnellösung für zwei Gleise..." steht,
daß ein vom Inhalt doch wichtiges Fax über zwei Monate vom ersten Bürgermeister Zeitler
zu den Fraktionen brauchte. Ein Schelm, wer dabei Schlechtes denkt.
- 4. Einmal unten immer unten. Und diese kleine Lösung würde die Bahn
zwingen, vor Baubeginn die Karten auf den Tisch zu legen, abgesehen von dem
(ökologischen) Erfolg der Maßnahme nachdem "die Grünen" merkwürdigerweise
kurzfristig eingeknickt sind.
- 5. Ein oberirdischer Verbleib des Straßenverkehrs würde mit einem runden (?) Kreisel
sogar auf Ampeln verzichten lassen. Und vor dem vielen neuen Verkehr im Ort fürchte ich
mich sehr. Alles, was von der Kreuzung Kreuzstraße kommt, fährt über den Münchner Ring
oder vom Maisteiger Berg über die Landshuterstraße. Aber der Rest kommt über die
Bezirksstraße - nur woher eigentlich.
- Sehr wichtig und sehr merkwürdig ist für mich etwas ganz anderes: Die
Straßenunterführung ist ja sooo billig zu bauen. Und dann? Beleuchtung,
Entwässerung, Räumdienst, Streudienst, Versicherung deswegen, Beseitigung von
Streusalzschäden gibt es alles umsonst? Nicht nur heute oder 15 bis 20 Jahre! Nein:
Immer!
Wilfried Döring
Unterschleißheim